Wachs als Werkstatthelfer
 

In der Holzwerkstatt sind sie vielseitig einsetzbar. Mit unterschiedlichen Wachsen und Wachsmischungen lassen sich Oberflächen schützen, Fehlstellen ausbessern und Materialien verbinden oder trennen. In diesem Beitrag möchten wir Sie in die interessante Welt der Wachse entführen.

 

Welche Wachssorten gibt es?

Die Welt der Wachse ist vielschichtig und nicht genau definiert. Es gibt zahlreiche Stoffgruppen, die sich wachsartig verhalten und oft als Gemische vorkommen. Allgemein werden Stoffe als Wachs bezeichnet, die eine stark temperaturabhängige Konsistenz und Löslichkeit besitzen, etwa bei Raumtemperatur (20 °C) knetbar, fest bis brüchig-hart sind, über 40 °C schmelzen und oberhalb des Schmelzpunktes leicht flüssig werden (geringe Viskosität), die unter leichtem Druck polierbar und farblich durchscheinend bis opak, aber nicht glasartig sind. Alle Wachse hier vorzustellen, würde den Rahmen eines Blogbeitrags sprengen. Wir möchten Ihnen deshalb die für den Alltag in der Holzwerkstatt wichtigsten Wachse vorstellen. Grob lassen sich Wachse in die folgenden Gruppen unterteilen:

 

Tierische Wachse

Zu den tierischen Wachsen zählen unter anderem Wollwachs (Lanolin) und Chinawachs (Sekret der Wachsschildlaus). Auch Schellack enthält Anteile an Wachs, die aber entfernt werden, da sie qualitätsmindernd wirken.
Das in der Holzwerkstatt wohl meistgenutzte tierische Wachs ist das Bienenwachs. Das gelbliche, weiche Wachs hat einen relativ niedrigen Schmelzpunkt bei 61 bis 68 °C. Es dient als traditionelles Politur- und Holzschutzmittel für seidig glänzende, strapazierfähige Flächen. Das Ausscheidungsprodukt der Honigbienen wird seit alters her zur Pflege und Konservierung von Holzoberflächen sowie als Kitt- und Klebemittel benutzt. In reiner Form wird es als fester Barren oder geschmolzen verarbeitet oder in Mischungen mit Alkohol oder Öl und weiteren Zusätzen verwendet. Außerhalb der Tischlerwerkstatt wird es gerne zu Kerzen verarbeitet und findet in der Lebensmittelindustrie als Trennmittel und Überzugsmittel (E901) sowie in der Kosmetik, Pharmazie und in Seifen Verwendung.
Das Kittwachs der Honigbienen, das sogenannte Propolis, macht Lacke und Öle geschmeidiger und haltbarer und verleiht ihnen einen angenehmen Duft. Durch seine desinfizierende Wirkung beugt Propolis Bakterien- oder Pilzbefall vor, ohne physiologisch bedenkliche Nebenwirkungen aufzuweisen. Das macht es ideal für die Behandlung von Holzteilen, die mit der Haut in Kontakt kommen, wie Kochgeräte, Sauna- und Badmöbel oder Kinderspielzeug. Es wird entweder direkt in Lack oder Öl gelöst oder mit hochprozentigem Spiritus in ein flüssiges Konzentrat weiterverarbeitet. Propolis wird auch verwendet, um bei mit Paraffin oder Stearin gestrecktem Bienenwachs den typischen Geruch zu simulieren.

Pflanzliche Wachse

Viele Pflanzen schützen sich vor Wasserverlust und Schädlingen durch eine Wachsschicht auf Blättern und Früchten. Diese Wachse werden meist als Nebenprodukt bei der Weiterverarbeitung gewonnen. Zu den pflanzlichen Wachsen gehören beispielsweise Zuckerrohrwachs, Kokoswachs, Flachs- und Baumwollwachs.
Für besonders verschleißfeste, glänzende Polituren und auch als Schmiermittel bei gleitenden Holzteilen sowie als Korrosionsschutz auf Metallflächen ist Carnaubawachs geeignet. Das Wachs der brasilianischen Carnaubapalme zeichnet sich durch hohe Härte und gute physiologische Verträglichkeit aus. Das harte Wachs ist meist ungebleicht, sein Schmelzpunkt liegt bei ca. 90 °C.
Reiskleiewachs (Oryza Sativa Bran Wax) eignet sich hervorragend als Bindemittel für Öle und für Öl/Wachs-Mischungen. In aufwendigen Verfahren wird das Wachs als Beiprodukt aus reinem Reisöl (enthält nur ca. 4 bis 6 % Wachs), das für die Lebensmittel- und Kosmetikproduktion hergestellt wird, gewonnen. Die außergewöhnliche Kombination von hoher Härte und hervorragender Mischbarkeit machen es zum wertvollen Bestandteil für verschleißfeste ökologische Oberflächenmittel ohne Hilfsstoffe (Emulgatoren). Sein Schmelzpunkt liegt bei 77 bis 82 °C.

Mineralische Wachse

Sie bestehen im Wesentlichen aus Kohlenwasserstoffen. Dazu zählen mikrokristalline Wachse wie Petroleumwachs und Vaseline (Petrolatum), die z. B. für Gleitmittel und Schuhcreme verwendet werden.
Paraffinwachse sind ein Produkt der Schmierölraffination. Sie entstehen bei der Weiterverarbeitung der Grundöle. Sie sind hart und spröde und besitzen in geschmolzener Form eine niedrige Viskosität. Hartparaffin schmilzt zwischen 50 und 60 °C, Weichparaffin bei etwa 45 °C. Anwendungsbereiche sind Kerzen, Klebstoffe, Dichtstoffe, Kautschuke, Farben und Lacke, Druckfarben, Kosmetik, Pharmazie, Papier und Lebensmittel. In der Werkstatt dient das transparente Wachs oft zur Versiegelung von Hirnholzflächen, als Block zum direkten Auftragen beim Drechseln, geschmolzen zum Mischen mit Bienenwachs, als Konservierungsschutz bei Holz und Metallen und zur Schmierung von Gleitpaarungen (z. B. Holzgewinde).

Synthetische und teilsynthetische Wachse

Synthetische Wachse werden durch Druck, Polymerisation, Kondensation oder Addition hauptsächlich aus Erdöl oder auch Braunkohle gewonnen. Ein typischer Vertreter ist das sog. Skiwachs. Teilsynthetische Wachse gewinnt man hingegen aus natürlichen Wachsen, Ölen und Fetten. Ihre Zusammensetzung wird durch physikalische oder chemische Umwandlungen wie Oxidation (Bleichung), Hydrierung, Veresterung oder Verseifung bestimmt.
So wird etwa Stearin hauptsächlich aus pflanzlichem Palmöl oder aus tierischem Fett gewonnen und ist daher biologisch abbaubar. Stearin wurde 1818 als geeigneter Kerzenrohstoff entdeckt. Der Schmelzbereich von Stearin liegt je nach Zusammensetzung zwischen 55 und 70 °C. Es dient u. a. als Rohprodukt bei der Seifenherstellung. Stearin wird ebenfalls als Zusatz von industriell angewendeten Schmierstoffen eingesetzt, um die Trennfähigkeit zu erhöhen. Stearin wird zusammen mit Bienenwachs für die Herstellung von Kerzen verwendet. Die Reste von Stearinkerzen, die nur natürliche oder naturidentische Farbstoffe enthalten, können kompostiert werden.

Die genannten Wachse besitzen oft sehr unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Eigenschaften. Zum Beispiel können Wachse sowohl als Klebstoff als auch als Trennmittel genutzt werden. Im Folgenden möchten wir Ihnen praktische Anwendungen von Wachsen in der Werkstatt vorstellen.

Wachs für Markierungen

Wachs besitzt auf den meisten Untergründen eine gute bis sehr gute Haftung (Adhäsion), wodurch es hervorragend für Markierungen auf schwierigen, sehr glatten oder rauen Oberflächen geeignet ist. In der Schreinerei werden deshalb Wachsstifte zum Anreißen des groben Zuschnitts auf ungehobelten Brettern und Bohlen verwendet. Durch seinen hohen Wachsanteil eignet sich zum Beispiel der Lyra Wachs-Bleistift »Garden Pen« auch für feuchte Oberflächen im Garten, bei der Zimmerei und für Outdoor-Aktivitäten. Die Vorteile von Wachsstiften: sie verlaufen nicht, das Wachs bleibt an der Holzoberfläche und lässt sich deshalb leicht wieder entfernen, außerdem sind sie meist wasserfest.

Wachs für Markierungen

Durch die hohe Adhäsion schreiben Wachsmarker auf fast allen Untergründen

 

Wachs als Klebstoff

Die eben genannte Adhäsionsstärke macht Wachse auch zum vielseitigen Klebstoff. Es wird deshalb gerne als »Schmelzkleber« für Lebensmittelverpackungen und Laminate benutzt. In der Werkstatt können Sie zum Beispiel kleine Wachsklebeplättchen (für Kerzen) als temporäre Verbindung von Kleinteilen nutzen.
Beim Ledernähen bzw. der klassischen Sattlernaht werden die Fäden mit Bienenwachs gewachst. Dies dient einerseits zum Verkleben der Fasern, der Faden wird dadurch strapazierfähiger und reißt nicht so leicht, andererseits wird der Faden in der Sattlernaht verknotet und der Knoten verklebt durch das Wachs, sodass sich die Naht bei Beschädigung trotzdem nicht löst.

Wachs als Versiegelung

Wohlbekannt ist das sogenannte »Siegelwachs«. Im Gegensatz zum harten Siegellack (meist Schellackmischungen) ist es weich und flexibel und übersteht deshalb den Postversand wesentlich besser. Mit solchem Siegelwachs werden auch Weinflaschen bzw. Korken versiegelt, um die Gefahr der Oxidation des Weins durch eindringenden Luftsauerstoff zu minimieren. In der Holzwerkstatt dient vor allem Paraffinwachs zur Versiegelung von Hirnholzflächen beim Einlagern von Holz. Ohne Wachsschicht trocknet das Holz an den Stirnseiten schneller als an den Längsschnitten, was zu Rissbildung führt. Besonders einfach in der Anwendung ist Anchorseal. Diese Wachs-Emulsion kann ohne Erwärmen direkt aufgepinselt oder aufgesprüht werden und verhindert 90 % der Hirnholzrisse (Trockenrisse) an frisch geschnittenen Stämmen, Schnittholz sowie Drechsel- und Schnitzrohlingen.

Wachs als Schmier- und Trennmittel

Damit Schubladen aus Holz leichtgängiger werden, können Sie die Laufflächen mit etwas Paraffinwachs einreiben. Dazu einfach die Unterkanten der Schublade und die Laufleisten mit einen Paraffinblock etwas einreiben.
Auch lassen sich Schrauben leichter eindrehen, wenn Sie ihre Spitze zuvor mit ein wenig Wachs versehen. Vor allem bei kleinen, weichen Messingschrauben, wie sie bei sog. Schatullen-Scharnieren verwendet werden, hilft dies, das Abdrehen des Schraubenkopfes zu verhindern.
Bei Holz- und Metallhobeln reduziert Hobelwachs den Widerstand zwischen Hobelsohle und Werkstück. Bei Metallhobeln dient es zudem als Rostschutz mit konservierender Langzeitwirkung. Im Gegensatz zu anderen Wachsen beeinflusst es die Anwendung von Beizen, Ölen oder Lacken nicht und lässt sich direkt, ohne Erwärmen, auftragen (Temperatureinsatzbereich von -10 °C bis +270 °C).

Wachs als Schmier- und Trennmittel

Etwas Wachs an den Laufleisten macht den Schubkasten leichtgängig

 

Wachs ist auch als Trennmittel beim Verleimen sehr hilfreich. An Zulagen und Beilagen, die vorab gewachst wurden, haftet normaler Holzleim nicht. Für größere Flächen (Furnierpressen) und Metallzwingen eignet sich die silikonfreie Wachsemulsion BATES besonders gut. Dieses Trennmittel für Kaltleimanwendungen kann einfach mit einem Tuch, Pinsel, Schwamm oder einer Sprühflasche aufgetragen werden. Zwingen, Pressen und Maschinen werden vor Leimablagerungen geschützt. Der Zeitaufwand beim Reinigen der Zwingen und Pressen wird deutlich verringert. Bei regelmäßiger Anwendung benötigen Sie keine aggressiven Reinigungsmittel zum Entfernen der Leimreste mehr.

Wachse für die Oberflächenbehandlung

Gewachste Oberflächen haben viele Vorteile. Sie sind atmungsaktiv und schützen das Holz gleichzeitig gegen schwankende Luftfeuchtigkeit. Je nach gewünschtem Aussehen können Sie matte Oberflächen erzeugen oder das Wachs auf Seidenglanz polieren. Mit Wachs behandelte Oberflächen sind gut gegen Wasser geschützt, fühlen sich angenehm warm an (Haptik) und können leicht repariert bzw. nachgewachst werden.

Zur Oberflächenbehandlung von Holz wird gerne reines Bienenwachs verwendet. Es wird in Reinform als festes Wachs, gemischt mit Balsamterpentinöl als »Weiches Wachs« und als Bestandteil von Wachsmischungen und Polituren genutzt. In unserer Oberflächenfibel finden Sie zahlreiche Rezepturen und Anwendungsbeispiele für Wachsmischungen, nicht nur mit Bienenwachs.

Wachse für die Oberflächenbehandlung

Diese Mischung aus Bienenwachs und Balsamterpentin lässt sich leicht auftragen

Wer nicht selbst mischen möchte, kann auf fertige Wachsmischungen aus unserem Sortiment zurückgreifen. DICTUM HolzBalsam ist eine wohlriechende Mischung aus Bienenwachs, Carnaubawachs, Leinöl, Tungöl und Orangenöl. Der Balsam pflegt und konserviert nicht nur Holz, er lässt sich auch hervorragend auf Korkflächen, Glattleder und Metall auftragen und schützt diese vor Feuchtigkeit.
Das Wachs der Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi) macht Kirjes Natürliches Ölwachs zu einem der hochwertigsten organischen Holzschutzmittel. Das schwedische Ölwachs betont die Maserung des Holzes und schützt vor Feuchtigkeit und Verschmutzung. Weitere Bestandteile sind Bienenwachs und schwedisches Leinöl.
Für effektvolle Oberflächen sind sog. Dekorwachse geeignet. Diese basieren meist auf einer Mischung aus Bienenwachs und Carnaubawachs mit verschiedenen Pigmenten. Zum Erzielen von Antikeffekten und Erzeugen einer dunklen Patina ist Antikwachs gedacht. In Kombination mit gebeizten und lasierten Oberflächen verhilft es Möbelstücken zu einer realistischen Alterswirkung. Um bei offenporigen Hölzern wie Esche oder Eiche eine gekalkte Oberfläche zu simulieren, wird deren Oberfläche gebürstet, gebeizt oder geölt und anschließend mit Kalkwachs behandelt. Das Kalkwachs wird in die offenen Poren eingerieben. Je nach gewünschtem Effekt, werden die Flächen anschließend frei poliert oder behalten eine leichte Kalkwachsschicht. Mit farbigem Dekorwachs können Sie auf ähnliche Weise einen sogenannten »Vintage-Look« auf Möbeln und Dekorobjekten erzielen.

Wenn eine Oberfläche beschädigt bzw. verkratzt wird, greift der Schreiner gerne in sein »Wachskästchen«. Denn zum Ausbessern besitzt fast jeder Holzprofi ein Hartwachs-Sortiment. Das sind Hartwachsstangen (ähnlich dem Siegelwachs) in unterschiedlichen Holzfarbtönen, die bei kleineren Kratzern direkt aufgerieben oder mit einer Art Lötkolben geschmolzen werden. Durch die Kombination mehrerer Farbtöne lässt sich die Holzmaserung perfekt nachahmen und die Kratzer sind kaum mehr zu erkennen.



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