Der Abstechstahl – Drechselwerkzeug-Grundlagen
Formen, Einsatzgebiet und Anwendung
 

Es gibt viele, teils sehr unterschiedliche Drechselwerkzeuge; jedes hat seinen speziellen Einsatzbereich und erfüllt unterschiedliche Aufgaben beim Drechseln. Unter der Überschrift »Drechselwerkzeug-Grundlagen« möchten wir Ihnen die verschiedenen Drechseleisen vorstellen. Wir beginnen die Themenreihe mit den Abstechstählen.

Für welche Aufgaben ist ein Abstechstahl geeignet?

Beim Drechseln werden Abstechstähle verwendet, um an einen Werkstück einen gewünschten Durchmesser maßgenau anzudrehen oder um es abzustechen, also zu trennen. Abstechstähle kommen hauptsächlich beim Längsholzdrechseln zum Einsatz (dazu später mehr). Mit dem Abstechstahl wird schnell und einfach Material entfernt, im Stirnholz ist jedoch die Oberflächengüte meist ungenügend.

Welche Formen von Abstechstählen gibt es?

Abstechstähle gibt es in sehr unterschiedlichen Formen. Einfache Abstechstähle bestehen aus einer geraden Klinke mit doppelseitig angeschliffener Spitze. Außerdem gibt es viele Sonderformen, zum Beispiel mit eingesetzter Karbidschneide wie beim Woodpeckers® Ultra-Shear Abstechstahl. Weitverbreitet sind die Diamantform und die Messerform, die wir im Folgenden näher vorstellen.

Abgeschrägte Flanken und eine symmetrisch geschliffene Spitze sind typisch für die stabile und robuste Diamantform. Durch Verjüngung nach außen wird die Reibung zwischen Werkzeug und Holz deutlich reduziert, wodurch das Abstechen mit geringem Kraftaufwand erfolgen kann und sich die Wärmeentwicklung verringert. Zudem lässt sich die Diamantform einfach nachschleifen. Die sogenannte »europäische Form« entspricht einer halben Diamantform, die Flanken verjüngen sich bei ihr nur einseitig von der Schneide nach außen hin.

Abstechstahl Formen

Verbreitete Abstechstahl-Formen: einfache klassische Form, Diamantform, europäische Form und Messerform

 

Die Messerform erhält ihre Stabilität durch die Höhe des Eisens. Durch die vergleichsweise dünne Klinge (manchmal nur 1,5 mm) wird beim Abstechen weniger Material entfernt und die Holzmaserung wird entsprechend nur kurz unterbrochen. Dies kann zum Beispiel beim Drechseln einer Dose mit Deckel dazu genutzt werden, dass die Maserung nahezu durchlaufend erscheint und die Trennung kaum sichtbar ist.

Abstechstahl Messerform

Abstecher in Messerform sind dünn und ermöglichen deshalb schmale Einschnitte

Was ist beim Drechseln mit dem Abstechstahl zu beachten?

Sicherheit steht beim Drechseln an oberster Stelle. Ein Abstecher ist hauptsächlich für die Arbeit im Längsholz gedacht. Von Längsholz spricht man, wenn die Maserung parallel zur Drehachse liegt. Beim Arbeiten im Querholz, zum Beispiel beim Drechseln einer Schale, verläuft die Maserung quer zur Drehachse. Hier wird ein Abstechstahl nur schlecht arbeiten, da er abschnittsweise gegen die Fasern arbeiten muss. Im schlimmsten Fall kommt es zum Einhaken des Werkstücks und damit zum Kontrollverlust.

Langsholt vs Querholz

Kritisch! Der Abstechstahl kann sich beim Querholzdrechseln leicht in den Holzfasern einhaken

 

Es ist wichtig, darauf zu achten, dass die Klinge mit der Unterseite auf der Handauflage aufliegt und keinesfalls mit der Fase. Die Messerform muss mit der Schneide an der Unterseite verwendet werden, da sonst die Gefahr besteht, dass sich der Abstechstahl verfängt und im Werkstück verkantet. Die Handauflage sollte möglichst parallel zur Drehachse ausgerichtet sein. Ihre Höhe ist so zu wählen, dass die Werkzeugspitze (Schneide) zur Werkstückmitte zeigt.

Position Handauflage

Bei beiden Abstechstählen zeigt die Spitze in Richtung des Zentrums

Wie wird ein Abstechstahl verwendet?

Der Abstechstahl kann schabend verwendet werden. Hierfür wird er mit leichtem Druck im 90°-Winkel ins Werkstück eingetaucht. Ein müheloseres Arbeiten gelingt jedoch, wenn Sie mit dem Abstechstahl nicht schabend, sondern schneidend arbeiten. Dazu wird die Fase am Werkstück angelegt und der Griff langsam angehoben, bis das Werkzeug Späne abnimmt. Nun wird die Schneide bogenförmig in das Werkstück geführt.

Um die Reibung und die damit verbundene Wärmeentwicklung zu reduzieren, muss der Schnitt etwas breiter angelegt werden als der Abstechstahl. Dazu wird der Abstechstahl stufenweise ins Werkstück eingestochen (5 bis 10 mm tief) und danach jeweils seitlich versetzt (1 bis 2 mm reichen völlig aus), um die Fuge etwas zu verbreitern.

Um maßhaltige Durchmesser an einem Werkstück zu drechseln, benötigen Sie neben dem Abstechstahl einen Taster (z. B. Französischer Außentaster). Stellen Sie den Außentaster auf den gewünschten Durchmesser ein. Der Abstechstahl wird, wie zuvor beschrieben, angesetzt und dann einhändig geführt. Mit der anderen Hand setzen Sie den Taster auf der gegenüberliegenden Seite ohne Druck in den Schnitt ein. Nun wird mit dem Abstecher so lange Material entfernt, bis der Taster über das Holz rutscht. Wenn der gewünschte Durchmesser erreicht ist, ziehen Sie den Abstechstahl und den Taster zurück. Mit dieser Technik können Sie zum Beispiel maßhaltige Zapfen für die Aufnahme in einem Vierbackenfutter drechseln.

Masshaltig Drechseln

Der Außentaster hilft beim genauen Drechseln auf einen exakten Durchmesser

 

Werkstück teilen bzw. abstechen. Wenn Sie ein Werkstück, das zwischen den Spitzen eingespannt ist, mit dem Abstechstahl teilen möchten, muss etwas Restmaterial in der Werkstückmitte stehen bleiben, da ansonsten das Werkzeug eingeklemmt wird. Arbeiten Sie sich mit dem Abstechstahl stufenweise in die Tiefe vor, bis noch ca. 10 bis 15 mm Material in der Mitte steht. Anschließend wird die Maschine ausgeschaltet, die Handauflage zurückgezogen und bei stillstehender Maschine das Werkstück mit einer Säge endgültig geteilt.

Abstechen mit Absteckstahl

Beim Abstechen zwischen den Spitzen muss im Kern etwas Holz stehenbleiben, um das Einklemmen des Abstechstahls zu vermeiden

 

Ist das Werkstück »fliegend« in einem Futter gespannt, zum Beispiel beim Dosendrechseln, kann es direkt und ohne Säge abgestochen werden, da die Gefahr des Einklemmens nicht besteht. Hierfür ist die Messerform gut geeignet. Wie bereits erwähnt, muss sich bei der Messerform die Schneide unten befinden, um ein Verkanten des Werkzeugs zu vermeiden. Achten Sie besonders bei schmalen Klingen auf das Verbreitern des Schnitts, da die Klinge sonst durch die Reibung zu heiß wird und das Werkstück verbrennen könnte. Wie beim maßhaltigen Drechseln können Sie den Schnitt gegen Ende einhändig ausführen, um den Abschnitt mit der anderen Hand aufzufangen.

Videos

Der Abstechstahl

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